Der Morgen (Madonna), 1987
Mit dem Doppeltitel Der Morgen. Madonna bezieht sich die Künstlerin zum einen auf ein Naturphänomen, zum anderen auf die Jungfrau Maria, die, dem christlichen Mythos zufolge, über den Weg nicht geschlechtlicher Empfängnis Mutter von Gottes Sohn Jesus wurde. Bei Schwarzbach ist das göttliche Kind allerdings ein Mädchen. Auf dieser Ebene hieße "Morgen" dann also nicht Wiederkehr des immer Gleichen, sondern womöglich immer wieder neuer, veränderter Beginn. Das ist eine Umwertung, die sich auch aus den emanzipatorischen zeitgeschichtlichen Diskursen erklärt. In jedem Fall aber geht es der Bildhauerin nicht um die Darstellung eines durch Gesellschaft und Natur determinierten Mutter-Kind-Verhältnisses, sondern um dessen allegorische, mythische Überhöhung. Darauf deutet nicht zuletzt das offenbar als ganz selbstverständlich akzeptierte, wie naturgegeben dargestellte Getrenntsein von Baby und Mutter. Eine Verbindung zu ihrem Kind hält sie nur mehr durch ihren liebevoll gesenkten Blick und ihren Arm, der dünn und überlängt, gleich einer gekappten Nabelschnur, nach unten hängt. Der pralle Säugling indessen versucht, sich zu drehen, um kriechend zunächst, aber aus eigener Kraft, die Welt, in die er geworfen ist, mit seiner wachsenden Gestalt zu erfüllen. In diesem Kontext ist das Paar von Mutter und Kind als Allegorie auf die Tageszeiten bzw. Lebensalter deutbar. Die Madonna mit den geschwollenen Brüsten wäre dann der Mittag, die Mitte des Tages, des Lebens, die eigentliche Lebensspenderin, durch die allerdings auch der "Faden" in den Abend, den Tod und die Leere gezogen ist, in die ihre Linke hinabtaucht.
Über den Künstler
Anna Franziska Schwarzbach geb. Brockhage (* 1949 in Rittersgrün) ist eine deutsche Architektin und Bildhauerin. Sie lebt in Berlin.
LEBEN
Die Tochter des Bildhauers und Formgestalters Hans Brockhage (1925-2009) studierte nach ihrem Abitur an der Bertolt Brecht Oberschule in Schwarzenberg/ Erzgeb. Architektur an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei Selman Selmanagic. Ihr Studium schloss sie 1973 mit Diplom ab und war anschließend von 1973 bis 1975 als Architektin am Berliner Palast der Republik mit Arbeiten am Theatersaal beschäftigt. Von 1975 bis 1979 absolvierte sie ein Abendstudium der Portraitplastik an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Seit 1977 ist sie als freischaffende Bildhauerin tätig.
PERSONALAUSSTELLUNGEN
: 1983 bis 1989: Galerie Sophienstraße 8 Berlin, Galerie Bunte Stube Ahrenshoop, Schloss Oppurg, Galerie Oben Karl-Marx-Stadt, Galerie Rotunde, Altes Museum Berlin, Galerie Silberstein Schwarzenberg mit P. Schwarzbach
: 1990 bis 1995: Brecht-Haus-Weißensee Berlin mit E. König, Galerie Berliner Grafikpresse mit Wienkowsky, Galerie-ODER-Form Berlin mit [Hans Brockhage], Schloss Rheinsberg mit E. König, Galerie NETUSCHIL Darmstadt; Galerie Hintersdorf mit H. D. Sailer, Hofgalerie Bullmann & Wunsch Chemnitz; Kunstgussmuseum Lauchhammer; Rathaus Leonberg; VBK Berlin; ARAG Düsseldorf
: 1996 bis 1999: Havelberger Dom; Kunsthof Halberstadt; Galerie NETUSCHIL; Alte Völklinger Hütte Saarland; Böll Bibliothek Berlin; Galerie Mitte Berlin mit D. Nosky; Kulturforum Villa Oppenheim Berlin; Galerie Himmelreich Magdeburg; Galerie im Kloster Ribnitz Damgarten; GEHAG-Forum Berlin
: 2000 bis 2004: Magdeburger Dom; Schloss Wolkenburg; Rathaus Fürstenwalde; Galerie Petra Lange Berlin mit Guy Michels; Galerie d´Art du Théatre d´Esch/Alzette Luxemburg; Exhibition of contemporary art from Germany CERN Genf; Botanischer Garten Berlin; Museum der Stadt Zerbst; Galerie Rosenkranz; Schlossbergmuseum Chemnitz; Evangelische Kirche Hückelhoven; Roter Turm Jena
PREISE
1998 wurde Anna Franziska Schwarzbach mit dem Ernst Rietschel-Preis für Bildhauerei geehrt.
(Quelle: de.Wikipedia.org)