Dresden 13. Februar 1945, 1987
Aus verschiedenen Gründen blieb für einige der Jungen auch Krieg und Faschismus ein wichtiges Thema ihrer künstlerischen Arbeit. Doch war die Auseinandersetzung damit individueller, subtiler und konnte nach und nach auch bestimmte ideologisch bestimmte Tabus überwinden. Eines dieser Tabus bestand im öffentlichen Gedenken an die deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges, das, wenn überhaupt, nur im Kontext des größeren Zusammenhangs des Bekenntnisses zur Kriegsschuld der Deutschen möglich war. Der am Abend des 13. Februar 1945 beginnende Bombenangriff der westlichen Alliierten auf Dresden, durch den Schätzungen zufolge rund 24.000 Menschen ums Leben kamen und insbesondere die historische Altstadt fast völlig ausbrannte, spielt hier bis heute eine besondere Rolle im öffentlichen Bewusstsein. Wird das Bombardement heute von rechten Ideologen benutzt, um deutsche Kriegsverbrechen zu relativieren, ist es während der Jahre der DDR für antiwestliche Propaganda instrumentalisiert worden. Die Schwierigkeiten, die mit der Aufstellung einer Plastik von Wieland Förster ((Großer Trauernder Mann (Den Opfern des 13. Februar 1945 gewidmet)) in Dresden verbunden waren, belegen, wie problematisch es noch Mitte der 80er Jahre gewesen ist, den nackten existentiellen, sich jeder Ideologie entschlagenden Schmerz als öffentliches Bild der individuellen Trauer zu installieren.
Anders als für Wieland Förster ist für Klaus Schwabe, der 1960 zum Studium nach Dresden kam, der 13. Februar ein vermitteltes Ereignis. Neben den noch vorhandenen Ruinenstellen und Schuttbrachen fand es im Zentrum der Stadt vor allem durch den Ruinenberg der Frauenkirche einen eigentümlich authentischen Erinnerungsort. Im Gegensatz zu vielen anderen historischen Gebäuden Alt-Dresdens schien sie nach der Bombennacht des 13. Februar unversehrt, brannte aber im Innern. Es waren die durch die Hitze verursachten Steinschäden, die sie am Vormittag des 15. unter der Last ihrer Kuppel einstürzen ließen.
Womöglich war es diese Geschichte, die Schwabe inspirierte. Nicht zufällig erinnert die nackte männliche Figur an historische Darstellungen des Adam, als er mit Eva aus dem Paradies vertrieben wird. Der Künstler hat das Modell der Figur vermutlich nicht nur aus Ton aufgebaut, er imitiert - wiederum in Bezug auf die christliche Mythologie - auch deren Aus-Erde-Gemacht-Sein. Überall an diesem "Gefäß Gottes" zeigen sich jedoch Risse, auch Brüche, gerade so, als bräche sie von innen auf und auseinander. Auch die Splitter, durch die dieser Mann geht und die teils an seinem Körper zu kleben scheinen, sind beziehungsreich nicht nur tatsächlich, sondern auch sinnbildlich aus dem Material gemacht, aus dem er selbst gemacht ist.
Über den Künstler
BIOGRAFIE
: 1939 in Unterweißbach/Thüringen geboren
: 1956-60 Studium an der Fachschule für angewandte Kunst in Leipzig
: 1960-65 Studium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Walter Arnold, Gerd Jäger, Gerhard Kettner, Herbert Naumann, Hans Steger
: 1975-78 Lehrtätigkeit an der Abendakademie der HGB
: 1986-93 Professor für plastisches Gestalten an der Kunstakademie Dresden
Klaus Schwabe lebt und arbeitet in Leipzig.
EINZELAUSSTELLUNGEN
: 1968 Kunst der Zeit, Leipzig
: 1972 Burg Kriebstein (mit R. Kuhrt und F. Ruddigkeit)
: 1975 Galerie am Sachsenplatz, Leipzig (mit R. Münzer, P. Schnürpel, P. Sylvester)
: 1976 Kunst der Zeit, Leipzig (mit K.-H. Schmidt)
: 1976 Galerie Wort und Werk, Leipzig
: 1977 Galerie im Leibniz-Klub, Leipzig: Zeichnungen
: Museum der bildenden Künste, Leipzig
: 1979 Zentralgalerie, Moskau: Berlin-Moskau
: 1980 Künstlerhaus Bethanien, Berlin: Grafik und Plastik aus der DDR
: Skulpturensammlung, Dresden: Junge Bildhauerkunst
: 1981 Romanushaus, Leipzig: Aquarelle
Galerie am Fischmarkt, Erfurt: Aquarelle
Bauernkriegsgedenkstätte, Bad Frankenhausen: Plastik, Aquarelle, Zeichnungen
: 1982 Kulturhaus, Mölkau: Plastik, Aquarelle, Zeichnungen (Kat.)
: 1983 Haus der Kultur, Gera: Plastik, Aquarelle, Zeichnungen, Grafik (Kat.)
: 1984 Galerie Rähnitzgasse, Dresden (Kat.)
Stadtbücherei, Ebern: Grafik, Sammlung Schreiner Berlin
: 1985 Galleria d?arte, Modena: Schwabe-Stelzmann-Sitte-Tübke
Cottbus, Erfurt, Rostock: Zeichnungen 1974-84
Galerie Piccinini, Cortino d?Ampezzo, Werke von 10 Künstlern aus der DDR
: 1986 Galerie des Künstlerverbandes, Warschau: Plastik und Zeichnungen von Künstlern
Kleine Galerie, Grimma
Arte Fiera, Bologna
: 1987 Galerie Rähnitzgasse, Dresden: Wirklichkeit und Bildhauerzeichnung
Bonn, München, Mannheim: Bildhauer aus der DDR
(Quelle: www.galeriebaumann.com)