Slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová mit Kaiser-Otto-Preis geehrt
von links: Vizepräsidentin des Parlaments der Europäischen Union, Dr. Katarina Barley, Oberbürgermeisterin Simone Borris, Staatspräsidentin der Slowakischen Republik und Kaiser-Otto-Preisträgerin 2023 Zuzana Čaputová, Bundespräsident a.D. Joachim Gauck, Ministerpräsident Dr. Rainer Haseloff
Gradlinig und hartnäckig für Menschenrechte
Die Laudatio auf die Preisträgerin hielt der frühere Bundespräsident Joachim Gauck. Zu den mehr als 550 Teilnehmenden im Magdeburger Dom zählten Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff sowie die Vizepräsidentin des Parlaments der Europäischen Union, Dr. Katarina Barley. Beide sprachen im Rahmen der Preisverleihung ein Grußwort zu den anwesenden Gästen.
„Mit dem wichtigsten Preis der Landeshauptstadt Magdeburg ehren wir in diesem Jahr die Präsidentin der Slowakischen Republik, Zuzana Čaputová, für ihr herausragendes Engagement, ihre europäische Haltung sowie ihren gradlinigen und hartnäckigen Einsatz für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit“, sagte Oberbürgermeisterin Simone Borris während des Festaktes. „Zuzana Čaputová steht mit voller Überzeugung für diese Werte. Als weltoffene und überzeugte Europäerin genießt Frau Čaputová internationale Anerkennung und bezieht eine klare Position, auch gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine! Sie avancierte zur Leitfigur für eine demokratische, von liberalen Werten geprägte Slowakei.“
Mit dem Kaiser-Otto-Preis erinnert die Stadt an die Verdienste Ottos des Großen und ehrt Persönlichkeiten bzw. Institutionen, die sich um die Förderung des europäischen Gedankens verdient gemacht haben und sich für Dialog, Frieden und Verständigung einsetzen. Die überzeugte Europäerin Zuzana Čaputová passt damit in besonderer Weise in den Reigen der bisherigen Preistragenden des Kaiser-Otto-Preises.
Impressionen der Preisverleihung
In der Begründung des Preiskomitees heißt es unter anderem:
„In bewegenden und schwierigen Zeiten für Europa, geprägt von großen Krisen, wie wir sie momentan erleben, war und ist Zuzana Čaputová eine engagierte und passionierte Streiterin für fundamentale Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Freiheit sowohl in ihrem Land als auch in Europa. Die Verteidigung der Demokratie sieht sie als eine der Hauptaufgaben für europäische Politiker*innen ihrer Generation. In der konservativ geprägten Slowakei setzt sie sich mutig und leidenschaftlich für die Gleichberechtigung von Homosexuellen und ethischen Minderheiten ein und engagiert sich unermüdlich für den Klimaschutz. Sie gibt denjenigen eine Stimme, die gesellschaftlich nicht gehört werden und ist ein Vorbild für politisch aktive Frauen.“
Der heutige Festakt im Magdeburger Dom wurde traditionell an dem Ort begangen, der auf das Engste mit Kaiser Otto dem Großen verbunden ist. Er erhob Magdeburg im 10. Jahrhundert zu einem führenden Herrschaftszentrum, das sich in seiner Bedeutung mit Städten wie Aachen, Rom und Konstantinopel messen konnte. Otto I. verhalf Magdeburg zu Weltgeltung.
Zuzana Čaputová – Lebenslauf
Bildurheber und Rechte: Marián Garaj
Zuzana Čaputová wurde am 21. Juni 1973 in Bratislava geboren. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Comenius-Universität Bratislava und erlangte dort im Jahr 1996 ihren Abschluss. Nach ihrer akademischen Ausbildung arbeitete sie einige Jahre in der Rechtabteilung einer regionalen Behörde ihrer Heimatstadt Pezinok, später in leitender Funktion in der Stadtverwaltung. Zwischen 2001 und 2017 war Zuzana Čaputová als Anwältin bei einer Organisation tätig, die sich aktiv für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Transparenz und Bürgerbeteiligung an Entscheidungen mit öffentlichem Interesse und gegen Korruption und politische Einflussnahme einsetzt.
Umweltpolitisches Engagement
Ihr Engagement für gesellschaftliche Anliegen stellte sie besonders in dem 14 Jahre andauernden Kampf gegen eine Mülldeponie in ihrer Heimatstadt Pezinok unter Beweis. Als Sprachrohr einer Bürgerinitiative mobilisierte sie die Zivilgesellschaft und verschaffte bis in obere Gremien der Justiz in der Europäischen Union Gehör. Sie verwies beharrlich auf die überdurchschnittlich hohe regionale Krebsrate, Verunreinigungen von Boden, Wasser und Luft. Ihr unnachgiebiges Streiten hatte Erfolg: 2013 ließ das Höchste Gericht der Slowakei die Deponie schließen. Damit rückte Čaputová erstmals in den Fokus der Öffentlichkeit. 2016 wurde ihr für dieses Engagement der Goldman Environmental Prize verliehen, der als Nobel-Preis für Umweltschutz gilt.
Politisches Handeln
2017 trat Zuzana Čaputová in die sozialliberale Partei Progresivne Slovensko (Fortschrittliche Slowakei) ein, 2018 wurde sie deren Vizevorsitzende. Im selben Jahr erschütterte der Mord an dem Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten das Land. Kuciak hatte über Korruption in höchsten Regierungskreisen und jahrzehntelange mafiöse Verstrickungen zwischen Politik, Wirtschaft und Justiz recherchiert. Die Nachricht über die heimtückische Ermordung des Paares löste eine Lawine von Massendemonstrationen aus. Eine der Demonstrierenden war Zuzana Čaputová.
Bei den slowakischen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2019 kandidierte Čaputová für ihre Partei. Sie machte die Forderungen der Protestbewegung gegen die Korruption im Land zu ihrem Wahlkampfthema. Das Wahlprogramm, der Wunsch nach politischer Erneuerung und die Aussicht auf eine „anständige Politik“, sprach damit vielen slowakischen Menschen aus dem Herzen.
Als Außenseiterin angetreten, gewann sie am 30. März 2019 im zweiten Wahlgang mit 58,40 Prozent der Stimmen die Wahl. Ein deutliches Signal der Bürgerschaft und dem Wunsch des Volkes nach Veränderung. Seit dem 15. Juni 2019 ist sie die Präsidentin der Slowakischen Republik und damit die erste Frau, die als Staatsoberhaupt die Slowakei repräsentiert.
Innenpolitisch widmet sie sich den für die slowakische Oligarchie unbequemen Themen wie der Forderung nach mehr Rechtsstaatlichkeit, Würde im Alter und Umweltschutz. Sie spricht sich für die Gleichstellung homosexueller Paare und deren Recht auf Adoption aus. Ebenso für das Recht der Frau, selbst über eine Abtreibung zu entscheiden. Sie steht für eine liberale und humanitäre Einstellung und unerschütterliche Werte, für die Zuzana Čaputová einsteht und mit gutem Beispiel vorangeht. Sie gilt als passionierte Verfechterin demokratischer freiheitlicher Werte, die sich entschieden für Demokratie, Frieden und Freiheit einsetzt.
Auszeichnungen und Ehrungen
Preise und Auszeichnungen spiegeln diese große Anerkennung wider, die Zuzana Čaputová international für ihr Wirken für eine gerechte und nachhaltige Welt erfährt. Neben dem Goldman Environmental Prize wurde sie mit der Silbernen Gedenkmedaille des tschechischen Senats für ihre außerordentlichen Verdienste um Wahrheit, Freiheit, politische Kultur und Rechtsstaatlichkeit geehrt. Im November 2022 wurde ihr zudem der Freiheitspreis der Friedrich-Naumann-Stiftung für entscheidende Impulse zur Entwicklung der liberalen Bürgergesellschaft und zur Festigung freiheitlicher Werte und Ziele in der Welt verliehen.
Über den Kaiser-Otto-Preis
Mit dem Kaiser-Otto-Preis werden in der Regel alle zwei Jahre international bedeutende Persönlichkeiten oder juristische Personen gewürdigt, die sich in besonderer Weise um die europäische Verständigung verdient gemacht haben. Personen, die sich in Wort und Tat für freiheitliche Werte, Frieden, Toleranz und Demokratie einsetzen und dazu beitragen, den europäischen Einigungsprozess zu befördern und zu vertiefen.
Der oder die Geehrte erhält eine repräsentative Urkunde und eine Bronzemedaille. Die Medaille zeigt auf der Vorderseite das Relief des Preisträgers, die Rückseite trägt die Inschrift „Kaiser-Otto-Preis der Stadt Magdeburg“. Gestaltet wird die Medaille vom Halleschen Bildhauer Prof. Bernd Göbel. Der Kaiser-Otto-Preis ist nicht dotiert.
Die Ottostadt erinnert mit der Vergabe des Preises, der seinen Namen trägt, nachdrücklich an den bedeutenden sächsischen Ottonen-Herrscher, der von Magdeburg aus im 10. Jahrhundert durch kluge Weltpolitik und Diplomatie ein riesiges Herrschaftsgebiet formierte und den Menschen schließlich Frieden und Wohlstand brachte. In dieser Tradition wird der Preis an herausragende Persönlichkeiten verliehen, die sich in Wort und Tat für freiheitliche Werte, Frieden, Toleranz und Demokratie einsetzen und dazu beitragen, den europäischen Einigungsprozess zu befördern und zu vertiefen.
Bisher mit dem Kaiser-Otto-Preis Gewürdigte
Der Kaiser-Otto-Preis der Landeshauptstadt Magdeburg wurde zum ersten Mal im Jahr des 1200-jährigen Stadtjubiläums 2005 an den Bundespräsidenten a.D., Dr. Richard von Weizsäcker, verliehen. Es folgten:
- 2007 Prof. Dr. Vaira Vike-Freiberga (damalige Staatspräsidentin der Republik Lettland)
- 2009 Wladyslaw Bartoszewski (ehemaliger Außenminister der Republik Polen)
- 2011 Dr. Angela Merkel (damalige Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland)
- 2013 Prof. Dr. h.c. Egon Bahr (Bundesminister a.D.)
- 2015 Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE
- erstmalige Würdigung einer europäischen Institution mit dem wichtigsten Preis der Landeshauptstadt Magdeburg
- 2017 Federica Mogherini (damalig Außenbeauftragte der Europäischen Union)
- 2020 Klaus Iohannis (Staatspräsident von Rumänien)
Historie des Kaiser-Otto-Preises
Mitte der 1990er Jahre, nach dem Ende des Kalten Krieges und der Wiedervereinigung Deutschlands, hegte der Magdeburger Stadtrat erste Bestrebungen, einen Preis auszuloben, der an den größten Förderer der Stadt Magdeburg und Wegbereiter des heutigen Europas – Kaiser Otto I. – erinnert. Von Magdeburg aus wurde europäische Geschichte geschrieben und es gingen Impulse aus, die die Anfänge des Europas von heute begründeten.
Heute ist Magdeburg eine moderne, international ausgerichtete Stadt und attraktiver Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort in der Mitte Europas. Mit dem Kaiser-Otto-Preis wurde ein Preis geschaffen, der sowohl die historische Perspektive als auch Magdeburgs heutiges Selbstverständnis widerspiegelt und Persönlichkeiten ehrt, die an die Idee eines starken Europas glauben und diese durch Worte und Taten mit Leben erfüllen: Visionär*innen mit klarer pro-europäischer Haltung, zentralen humanitären und demokratischen Werten, die Vorbilder, Kraftquelle und Motivation für andere sind.
Hintergrund zur Kulturstiftung Kaiser Otto
Ausgangspunkt für die Gründung der Kulturstiftung Kaiser Otto war die Europaratsausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa“, die im Jahr 2001 im Kulturhistorischen Museum Magdeburg stattfand. Die Ausstellung wurde mit über 300.000 Besuchenden und einer europaweiten Resonanz zu einem herausragenden Erfolg und bestätigte damit die enorme Zugkraft, die noch heute von Kaiser Otto dem Großen ausgeht.
2003 wurde die Kulturstiftung Kaiser Otto, die erste kommunale Stiftung der Stadt, gegründet. Ziel der Stiftung ist es, die Bildende und Darstellende Kunst, Musik, Literatur, Theater sowie das studentische Leben der Stadt zu fördern und die Arbeit der Magdeburger Museen zu unterstützen. Stiftende sind zu jeweils gleichen Teilen die Landeshauptstadt Magdeburg und die Sparkasse MagdeBurg. Im April 2023 beging die kommunale Stiftung ihr 20-jähriges Jubiläum.
Zwei Jahre nach Stiftungsgründung wurde 2005, im Jahr des 1200. Stadtjubiläums, der erste Kaiser-Otto-Preis an den früheren Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Richard von Weizsäcker, verliehen. Der Festakt, der seither traditionell im Dom – der Grablege Kaiser Ottos des Großen – begangen wird, war einer der Höhepunkte des damaligen Festjahres. Mittlerweile hat die Stiftung acht international renommierte Persönlichkeiten und Institutionen mit dem Kaiser-Otto-Preis ausgezeichnet, zahlreiche Projekte der Magdeburger Kulturlandschaft unterstützt und die geschichtliche Forschungsarbeit vorangetrieben.
Ein zentrales Vorhaben der Stiftung ist es, den Kaiser-Otto-Preis als einer der bedeutendsten Preise für europäisches Engagement und damit auch die Landeshauptstadt Magdeburg überregional und international noch bekannter zu machen.
Informationen zur Arbeit gibt es unter Kulturstiftung Kaiser Otto.